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Tabakentwöhnung – Knigges smoking suit

Es ist schon über 10 Jahre her, dass Spaßbremsen – sprich Nichtraucher – die „coolen“ Tabakraucher aus Büros, Restaurants und Seminaren per Gesetz ins Ghetto schickten. Seitdem frönen sie in markierten Bereichen und vor allem an der frischen Luft ihrem Laster.

Kissing a smoker is like licking an ashtray.

Die Gesundheitsbedachten unter ihnen dampfen nun. So heißt jetzt rauchen. Sieht aus, als würde jemand an seinem aufgemotzten Kuli nuckeln und teils gewaltige Dunstwolken ausstoßen. Alles könnte so einfach sein, wären da nicht die alten Spielverderber, die doch glatt infrage stellen, ob E-Zigaretten wirklich so harmlos sind. Auch die Hüter des guten Benimms melden sich zu Wort: Hat es denn Stil, im Beisein anderer ungefragt zu dampfen?

Wirf die Nebelmaschine an!

Mit dem ausgeatmeten Aerosol der elektronischen Glimmstängel gelangen gesundheitsschädliche Substanzen wie Propylenglycol, Glycerin, Nikotin, Benzylalkohol und Formaldehyd in die Raumluft. Ohne Zweifel: diese Schadstoffe können insbesondere für sensible Gruppen problematisch sein. Unwissentlich nehmen wir diese Gifte dazu tagtäglich über Hautcremes, Kaugummis, Zahnpasta, Liköre, Fleisch- oder Schokoladenerzeugnisse (E 1519) zu uns. Einige dieser Toxika sind zum Beispiel in grünem Tee und Nelkenöl von Haus aus vorhanden.

Propylenglycol (PG) ist auch der Grundstoff für Nebelmaschinen. Wenn ein DJ die Dampfmenge von 8.000 E-Smokern gefahrlos auf tanzende Teenies und Theaterbesucher vernebeln darf, kann doch niemand ernsthaft mit einer Schädigung Dritter durch die Verdampfung von PG durch E-Zigaretten daherkommen – meint die Dampfer-Lobby. Fakt ist, dass langfristige Studien fehlen, um Beeinträchtigungen eindeutig zu quantifizieren. Die große Gefahr bei E-Zigaretten ist das tiefe und häufige Inhalieren eines Chemiecocktails, von dem niemand genau weiß, was drin ist.

Verbieten oder zulassen? Die Rechtslage

Am Arbeitsplatz
Da bei den Umsteiger-Zigaretten lediglich ein Verdampfungsprozess stattfindet und keine Verbrennung, fallen E-Zigaretten nicht unter den Anwendungsbereich des Nichtraucherschutzgesetzes. Es besteht somit keine Verpflichtung (und Schwierigkeit) des Arbeitgebers, E-Zigaretten am Arbeitsplatz zu verbieten. Die Tendenz geht allerdings immer mehr in Richtung Verbot.

Für den elektronisch rauchenden Kunden sollte allerdings eine Möglichkeit geschaffen werden, damit der Geschäftsabschluss nicht etwa an Entzugserscheinungen scheitert.

Gastronomische Betriebe
Hier ist aus dem gleichen Grund Dampfen erlaubt. Da die Gastronomie (angeblich) stark unter der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes gelitten hat, können nun die Inhaber auf das erlaubte Dampfen hinweisen. Durch ihr Hausrecht ersparen sie somit Gästen den Weg vor die Tür. Bestimmt gewannen dadurch schon viele Lokale neue Gäste hinzu. Ob andere wegblieben?
Ob Kreuzfahrtschiff (international strenge Raucher-Regeln), Flugzeug (Akkus von E-Zigaretten dürfen nur ins Handgepäck) oder Bahn (Dampfen in deutschen Zügen verboten) – Bestimmung sollten vorher eingeholt werden!

Dampfend auf Reisen

In allen EU-Ländern gelten seit 2016 die Vorgaben der Brüsseler Tabak-Produkt-Richtlinie (TPD II). Dampfen sowie der Erwerb von Liquids ist in manchen Ländern dennoch (streng) reglementiert, z. B. Schweiz, Spanien, Finnland, Norwegen.

Wer in außereuropäische Destinationen fährt, sollte sich vorab eingehen (!) schlau machen. Die Missachtung von Rauchverboten (auch für E-Zigaretten-Freunde/E-Shishas) reichen bis hin zu hohen Geldstrafen (Brunei, Singapur, Dominikanische Republik, VAE …).

Unter Dampf in geschlossenen Räumen

Man kann dieses Accessoire der Neuzeit finden wie man will (scheußlich, unglaublich unästhetisch, ungesellig, ein harmloses Lifestyleprodukt, Entwöhn-Hilfe …), sehr viele Menschen fühlen sich nicht ernst genommen und unangenehm berührt, wenn andere in ihrer Gegenwart in aller Seelenruhe Dinge tun, die Respekt vermissen lassen. Schon lange klagen Hochschulen über die selbstverständlichen Vesperorgien ihrer Studierenden während der Vorlesungen. In Seminaren, Assessment Centern, bei Präsentationen dampft nun schon mal einer ungefragt vor sich hin. Sensible Nasen riechen bei starken Liquids künstliche Aromen. Mit viel Power am Gerät gibt’s große, dichte Dunstwolken, die schlagartig die Umgebung einnebeln.

Small Talk-Themen im Kreise elektronisch Rauchender verlangen vom Passiven ein hohes Maß an Lernwillen: Vivi-Nachbauten, Lebensdauer eines Verdampferkopfes, ES Wicklung in 500er Mesh, BT-V1, Basenarten, PG + VG Liquids, vertrauensvolle Händler, Cartomizern und Clearomizern sind erst mal Böhmische Dörfer.

Wer sich gestört fühlt, sagt dies am besten höflich und Dampfer fragen vorher. Meine Erfahrung hat mich gelehrt: Die meisten der wohl inzwischen 3,7 Millionen E-Raucher (und der iQOSler) sind durchaus bereit, Rücksicht zu nehmen. Susanne Helbach-Grosser (2017)