Takt und Stil Logo

Der Emoji-Knigge

Smileys & Emojis sind Weltsprache geworden.

„Lasst Emojis ins Büro!“ meinen die einen. Die anderen: „Kindische Smileys gehören nicht in die Geschäfts-Korrespondenz!“

Wie dem auch sei: Millionen Menschen folgen dem Zeitgeist und verwenden sie, um Texte zu verkürzen und um Emotionen anzuzeigen. Man könnte meinen, dass Nachrichten in der digitalen Welt ohne Grinsegesicht schon fast reserviert wirken!

Was sagen die Anstandsregeln?

Die stammen aus der Internet-Steinzeit (Netiquette 1995) und empfehlen einen sparsamen Umgang mit Emoticons. Das waren diese hier: :-), :-(, :-O.

Emoticons drücken Gefühlszustände aus und lassen sich durch normale ASCII-Zeichen erzeugen (American Standard Code for Information Interchange).

Emojis (Smileys) lös(t)en die Emoticons weitgehend ab. Zwar sind die bunten Symbole durch den weltweit gültigen Unicode-Standard festgelegt, von Smartphone zu Smartphone weisen jedoch nicht wenige grobe Unterschiede auf. Ein und dasselbe Symbol kann bei Apple, Microsoft, Samsung etc. anders interpretiert werden…

Dazu noch das generelle Gesten-Problem. Als Beispiel das Victory-Zeichen. Frieden und Sieg meinen wir, in anderen Ländern ist das der Stinkefinger.

Was sagt die Wissenschaft?

Interessant – je nach Studie fanden Forscher Gegensätzliches heraus:

1. Dass die kleinen Symbole den Nutzer sogar inkompetenter und unprofessioneller erscheinen lassen. Ein Smiley sei kein angemessener Ersatz für ein Lächeln. Auf Nachrichten, die Emojis enthielten, würde weniger detailliert und faktenreich geantwortet, weil man die Smiley-Benutzer nicht für besonders clever hielte. Darum sollte in Arbeits-Mails oder -Nachrichten besser auf vermeintlich auflockernde Emojis verzichtet werden (Studie The Dark Side of a Smiley der Universitäten in Be’er Sheva und Haifa).

2. Andere Ergebnisse finden wir in einer neuen Untersuchung der Frankfurter Hochschule für angewandte Wissenschaften. Kritische E-Mails von Vorgesetzten an Mitarbeiter hätten folgenden Effekt: Durch ein positives Emoticon würde der Angesprochenen die Kritik inhaltlich zwar mitbekommen, sich jedoch weniger als Person infrage gestellt sehen.

Eine Abmahnung mit Smiley?

Also dann in Zukunft Kündigungen mit Zwinker-Zwinker garnieren, damit der Geschasste sich noch als Mensch fühlt? Meiner Meinung nach liegt der Hase darin begraben, dass wir uns nicht (mehr) die Zeit nehmen, klar und deutlich zu formulieren. Humor und Sarkasmus elektronisch rüberzubringen ist auch schwer. Und das alles ohne Körpersprache und Tonalität. Führt zu Missverständnissen. Zu allem Übel sitzt am anderen Ende auch noch ein Mensch aus Fleisch und Blut. Wer auffällig lange über der richtigen Wortwahl grübelt, sollte besser telefonieren als schreiben. Denn nicht immer ist eine E-Mail der ideale Kommunikationsweg. Vor allem nicht, wenn ich erst mal erklären muss, was zwischen den Zeilen steht.

Fazit:

Emojis passen immer dann, wenn der Umgangston auch sonst locker und es in der Branche üblich ist – und der Adressat die Symbole und deren Bedeutung dahinter versteht. So können Smileys rasch mal Mimik und Gestik ersetzen. Bewerbungen, Rechnungen, Angebote etc. sollten OHNE auskommen.

Mögen Vorgesetzte „digitales Grinsen“, müssen Mitarbeiter*innen nicht automatisch mitgrinsen. Höflichkeit hat ihre Grenzen, der Mut zum eigenen Stil zählt, phantasielos wirkt man deshalb nicht. Hoffentlich.

Zum Glück kann nichts durch ein reales Lächeln ersetzt werden. Stellen wir mal den ersten Satz eines Buches in Smileys um. Kaum zu schaffen – macht aber Spaß! Susanne Helbach-Grosser (2018)