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Lasst Emojis ins Büro – und ins Homeoffice

„Lasst Emojis ins Büro!“ meinen die einen. „Kindische Smileys gehören nicht in die Geschäfts-Korrespondenz!“, sagen die anderen. Millionen Menschen folgen dem Zeitgeist und verwenden sie, um Texte zu verkürzen und Emotionen anzuzeigen. Man könnte fast glauben, dass Nachrichten in der digitalen Welt ohne Schmunzelgesicht schon reserviert wirken.

In der aktuellen Lage mit Kontakt- oder Ausgangssperren, ist das Bedürfnis gestiegen, per E-Mail und anderer Messenger Dienste dem Kommunikationspartner Zuneigung zu zeigen oder die eigene Befindlichkeit auszudrücken. Auch dem bereits bekannten Geschäftspartner. In der digitalen Welt hat das Coronavirus ebenfalls ganz schnell mit neuen Emojis Zeichen hinterlassen. Virtuell Umarmen geht nun auch. Diese Sticker sollen Sympathie, Unterstützung und Fürsorge ausdrücken. Vor allem im familiären Kreis sind sie bestens geeignet.

Welche Empfehlungen gibt es generell?

Die stammen aus der Internet-Steinzeit (Netiquette 1995) und empfehlen einen sparsamen Umgang mit Emoticons (:-), :-(, :-O). Emoticons drücken Gefühlszustände aus und lassen sich durch normale ASCII-Zeichen erzeugen (American Standard Code for Information Interchange). Emojis (Smileys) lös(t)en die Emoticons weitgehend ab. Zwar sind die bunten Symbole durch den weltweit gültigen Unicode-Standard festgelegt, von Smartphone zu Smartphone weisen jedoch nicht wenige grobe Unterschiede auf. Ein und dasselbe Symbol kann bei Apple, Microsoft, Samsung etc. anders interpretiert werden… Dazu noch das generelle Gesten-Problem. Als Beispiel das Victory-Zeichen. Frieden und Sieg meinen wir, in anderen Ländern ist das das Symbol für den Stinkefinger.

Was sagt die Wissenschaft?

Je nach Studie fanden Forscher recht Gegensätzliches heraus:
Laut der Studie „The Dark Side of a Smiley“ der Universitäten in Be’er Sheva und Haifa lassen die kleinen Symbole den Nutzer inkompetenter und unprofessioneller erscheinen. Ein Smiley sei kein angemessener Ersatz für ein Lächeln. Auf Nachrichten, die Emojis enthielten, würde weniger detailliert und faktenreich geantwortet, weil man die Smiley-Benutzer nicht für besonders clever hielte. Darum sollte in Job-Mails oder
-Nachrichten besser auf vermeintlich auflockernde Emojis verzichtet werden.

Andere Ergebnisse finden sich in einer neueren Untersuchung der Frankfurter Hochschule für angewandte Wissenschaften. Kritische E-Mails von Vorgesetzten an Mitarbeiter hätten folgenden Effekt: Durch ein positives Emoticon würde der Angesprochenen die Kritik inhaltlich zwar mitbekommen, sich jedoch weniger als Person infrage gestellt sehen.  

Eine Abmahnung mit Smiley?

Also dann in Zukunft Kündigungen mit Zwinker-Zwinker garnieren, damit der Geschasste sich noch als Mensch fühlt? Wer sich Zeit nimmt, um klar und deutlich zu formulieren, benötigt nicht zwingend zusätzliche „Erklärer“. Humor und Sarkasmus elektronisch rüberzubringen ist auch schwer. Ohne Körpersprache und Tonalität kann das schnell zu Missverständnissen führen. Zu allem Übel sitzt am anderen Ende auch noch ein Mensch aus Fleisch und Blut. Wer auffällig lange über der richtigen Wortwahl grübelt, sollte besser telefonieren als schreiben. Denn nicht immer ist eine E-Mail der ideale Kommunikationsweg. Vor allem nicht, wenn erst mal erklärt werden muss, was zwischen den Zeilen steht.

Fazit

Emojis passen immer dann, wenn der Umgangston auch sonst locker und es in der Branche üblich ist. Und wenn vor allem der Adressat die Symbole und deren Bedeutung dahinter versteht. Dann können Emojis mal eben Mimik und Gestik ersetzen. Bewerbungen, Rechnungen, Angebote etc. sollten selbstredend OHNE auskommen.

Durch den aktuellen Lockdown wird viel mehr schriftlich kommuniziert. Emojis sind an diese Form gebunden. Nach heutigem Stand der Wissenschaft kann niemand sagen, wie sich in diesem Kontext der Umgang mit den über 3.000 Bildzeichen entwickeln wird, so die Linguistin Dr. Christa Dürscheid von der Universität Zürich. Aber Digitalisierung hin oder her, immer noch gilt: Ein reales Lächeln lässt sich durch nichts ersetzen!Susanne Helbach-Grosser, Imme Vogelsang, Hamburg, Juni 2020