Franzosen sprechen nicht von Verdauung, sondern seit dem 12. Jahrhundert von der digestion (von lat. digestio = Verteilung), also der Verbreitung der Nahrung in unserem Organismus. Ein Digestif (immer höherprozentig als der Aperitif) wird nach dem Essen zum Kaffee oder danach angeboten. Sie haben die Auswahl zwischen Spirituosen, die Sie pur trinken können, Dessertweinen oder Cocktails.
Auch Weine eignen sich als Digestif. Dafür gibt es spezielle Dessertweine. Sie sind süßer als die üblichen Weine und enthalten auch mehr Alkohol, so zwischen 16-22 Prozent. Falls Sie also eher die süßere Variante als Digestif bevorzugen, dann greifen Sie doch zu einem Sherry, Portwein, zu einer Beerenauslese oder zu einem Eiswein. Diese Weine werden vor allem zu Nachspeisen serviert, können aber auch als Digestif getrunken werden.
Cocktails als Afterdinner Drink fallen unter die Kategorie der Shortdrinks. Sie sind eher süßer und cremiger, vom Alkoholgehalt eher stark und eignen sich daher gut als ein Abschlussdrink, zum Beispiel: Black Russian, Kentucky 43, Brandy Alexander, Fifth Avenue, Sweet Lady – natürlich auch alkoholfrei zu bestellen oder selbst zu mixen.
Mythos Verdauungsschnaps
Ein Schnaps nach dem Essen soll die Verdauung unterstützen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wissenschaftler des Universitätsspitals Zürich haben herausgefunden, dass die verdauungsfördernde Wirkung des Schnaps in Wirklichkeit gar nicht existiert. Ganz im Gegenteil: Zu viel Alkohol kann sich sogar negativ auf den Verdauungsapparat auswirken: Je mehr Alkohol nach einer Mahlzeit konsumiert wird, desto langsamer verdaut der Körper das Essen.
Das zusätzliche Gläschen Schnaps verzögerte die Verdauung noch zusätzlich. Am schnellsten und unproblematischsten war die Verdauung bei den Studienteilnehmern, die weder Wein noch Schnaps getrunken hatten. Doch wie kommt es, dass man sich nach einen Verdauungsschnaps, den man nach einem fetten und reichhaltigen Essen genossen hat, besser fühlt? Laut den Züricher Medizinern lockert Alkohol die Magenmuskulatur, so dass man sich nicht mehr so voll fühlt. Die eigentliche Verdauung jedoch wird verlangsamt.
Unsere Leber verstoffwechselt Alkohol immer zuerst. Also liegt ein fettes Essen mit Alkohol sogar länger im Magen als ohne. Wenn überhaupt, dann sollte man einen Kräuterlikör trinken statt eines Obstlers. Da werden die positiven Wirkungen dann den Kräutern zugeschrieben.
1930 wurde von Brooke Bond ein Tee unter dem Namen Digestive auf den britischen Markt gebracht und als verdauungsfördernd beworben. Um 1946 wurde es dem Unternehmen untersagt, Tee als Digestif zu bezeichnen, sodass Brooke Bond den Namen in PRE-GEST-TEE änderte (der eine abkürzende Form von PRE-diGESTive TEA darstellte). Einige Händler verwendeten als Kurzform „PG“, das sich schnell einbürgerte und 1950/51 als PG Tips zum offiziellen Markennamen bestimmt wurde. „Tips“ (deutsch = Spitzen) ist ein Hinweis darauf, dass nur die Spitzen (die zwei oberen Blätter und die Blüte) der Teepflanze für die Mischung verwendet werden.
Wenn wir alkoholfreie Cocktails und Kaffee nach einem guten Essen zu uns nehmen, warum dann nicht auch einen Tee? Mit Stil hat das wenig zu tun. Genießerische Grüße, Susanne Helbach-Grosser (2016)