Für Hobby-Grillmeister und Biergartenbetreiber hätte es in diesem Sommer kaum besser laufen können. Tropische Nächte, mediterrane Ferienstimmung mit gut aufgelegten Gästen.
Ganze Abteilungen bevölkerten spontan nach Dienstschluss jegliche Art der Außengastronomie. In After-Work-Biergärten lernte man sich mal von der anderen Seite kennen. Laissez-faire war angesagt. Gab ja eh nicht viel zu tun im Geschäft.
Größere Gruppen möchten zusammensitzen. Na klar. Manchmal kann reserviert werden („Wir sind 11“ – es erscheinen dann nur sechs im Hochbetrieb!). Bei Biertisch-Garnituren in Übermaßen rückt man einfach zusammen. Oft gibt’s aber nur Vierertische, allenfalls sechser. Das ist nun wirklich kein Problem, weil man ja 2 oder 3 eigenhändig zusammenschieben kann. Hat aber die Bedienung gar nicht gerne. Wegen ihrer Laufrichtung und der Gefahr bei Gefahr! Man muss sich arrangieren – oder woanders hingehen.
Wenn Gäste selbst beginnen, an den Sonnenschirmen zu rücken und nicht der Wirt, kann das in Kampf um den Schatten ausarten. Da wird die Fläche des Schirms mit Einfallswinkel und Wanderung der Sonne berechnet, damit der eigene Tisch möglichst lange beschattet ist. Ständig muss nachjustiert werden und doch macht man’s nicht allen recht.
Sich dazu setzen oder nicht?
In der Bayerischen Biergartenverordnung heißt es dazu: „Biergärten erfüllen wichtige soziale und kommunikative Funktionen, weil sie seit jeher beliebte Treffpunkte breiter Schichten der Bevölkerung sind und ein ungezwungenes, soziale Unterschiede überwindendes Miteinander ermöglichen.“ Im übrigen Deutschland ist das reine Mentalitätssache.
Sitzen wir gemeinsam mit Fremden, richten wir auch mal das Wort an sie, prosten ihnen zu und schauen uns dabei in die Augen wie an der feinen Tafel auch. In Bayern werden sogar die Bierkrüge aneinandergestoßen. Dann geht’s so weiter: sofort trinken oder die Maß zuvor nochmals kurz auf dem Tisch abstellen. Beides ist korrekt.
Das Rauchen – ein Dauerbrenner
Rauchen im Freien ist grundsätzlich erlaubt. Wer die Banknachbarn vor dem Anzünden einer Zigarette fragt, ob’s denn recht sei, findet meistens Verständnis. Rücksichtsvolle Raucher warten, bis alle aufgegessen haben, beachten die Windrichtung, setzten sich eventuell um und entsorgen weder Asche noch Glimmstängel auf dem Boden. Nichtraucher üben sich ein wenig in Toleranz.
Picknick-Charakter haben Biergärten, in die man seine Speisen selber mitbringen darf und nur für die Getränke bezahlt. (Picknick kommt aus dem Französischen: Piquer = aufpicken und nique = eine Kleinigkeit. Pic un nic bedeutet also Schnapp Dir eine Kleinigkeit.)
Stilvoll hat man seine Brotzeit im (Weiden-)Korb dabei: Stofftischdecke, Besteck, Servietten, Vesperbrettchen, Tomaten, Radieschen, Gurken, Käse, Wurstsalat/Leberkäse, Kartoffelsalat, Brot, Butter, Gewürze.
In den meisten Biergärten herrscht Selbstbedienung. Gläser und Bierkrüge werden dagegen abgeräumt. Was der Schwabe derb bemängeln würde, ist für den Bayern „Religion“: Die Bedienung nimmt die Maß schon weg, obwohl noch ein kleiner Rest – abgestandenes – Bier (das Noagerl, sprich Nogerl) drinnen ist.
Ordentliche Tischsitten sollten auch im Freien bei aller Lockerheit selbstverständlich sein. Hähnchenkeule oder Kotelettknochen dürfen in uriger Umgebung mit den Fingern genommen und abgeknabbert werden. Serviette richtig oft benutzen!
Jüngere Erwachsene trinken die neuen „kultischen“ Biere und Biermix- Getränke aus der Flasche. Natürlich darf man auch nach einem Glas fragen. Bier aus der Dose zu trinken gilt nach wie vor als unfein.
„Wiederholungstäter“ wissen um den Sitzkomfort der Bierbänke in ihrem Lokal: meistens hart, keine Lehne, oft ohne Sitzkissen. Da kann der Hintern schon nach einer Stunde wehtun. Empfindliche bringen sich selbst was Weiches zum Unterlegen mit. Susanne Helbach-Grosser (2016)