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Warum das Verspeisen von Salat mitunter Contenance erfordert.

Salate – die Sommeressen für Ernährungsbewusste.

Das war nicht immer so. Im Lauf der Geschichte war der Salat eher wechselhaft beliebt. Galt in der griechischen Antike das Mischen und Würzen eines guten Salates als hohe Kunst, erfuhr er erst mit gezielter Züchtung um die Zeit Karls des Großen in Mitteleuropa Verbreitung an den Höfen. Mit der Äbtissin Hildegard von Bingen wurde das grüne – aber nur gut gewürzte – Blattgemüse richtig populär.

In neuerer Zeit galt Salat als „Arme-Leute-Essen“ und wurde, wenn überhaupt, bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ausschließlich als Beilage serviert. Heutzutage kann er sich seiner Existenz sogar als Hauptgang erfreuen. Witze über das Grünzeug als Hasenfutter rufen nur noch müdes Lächeln hervor.

Manche fühlen sich beim Essen dem mitunter widerspenstigen Blattsalat ausgeliefert und dann noch diese doch eigentlich veralteten Regeln, wie:

Salat niemals schneiden. Überholt?

Richtig. Vor langer Zeit sollte angemachter Salat nur mit der Gabel gegessen werden. So wurden die Messer geschont, die nicht legiert waren und im Kontakt mit Säuren schwarz anliefen. Heutzutage aber darf das Messer hier, wie auch bei weichen Speisen, zur Hilfe genommen werden. Ein zu großes Salatblatt kann gefaltet aber auch mit dem Messer zerkleinert werden. Am wichtigsten ist es, möglichst „unfallfrei“ zu essen. Neben dem Messer kann auch ein Stückchen Brot (mediterran elegant!) als kleine Hilfe benutzt werden, um sperrige Salatblätter zu falten – also Gabel rechts, Brot in linker Hand.

Wird der Salatteller immer links vom Gast serviert?

Nein. Nur, wenn er als Beilage auf den Tisch kommt. Dann wird er auch möglichst nur mit der Gabel in der linken Hand gegessen. Als Vorspeise und als Hauptgericht steht er direkt vor den Gästen und wird je nach Arrangement appetitlich verspeist.

Salate kommen selten nur als grünes Blattwerk auf den Teller.

Richtig. Caesar Salad und Kollegen lassen grüßen. Wahre Turmbauten wollen bezwungen werden. Maiskörner und Granatapfelkerne kullern herum, Cocktail-Tomaten springen vom Teller und rohe Gemüse-Julienne machen das Leben schwer. Falls diese Vielfalt überhaupt nicht mit Messer und Gabel gemeistert werden kann, darf nach einem Löffel gefragt werden.

Trotz aller Vorsicht landet Dressing auf Bluse oder Krawatte.

Und nun? Oft wird das kleine Malheur ja nur selbst bemerkt. Dann ist erstmal keine Aktion nötig. Guckt jedoch die Freundes-Clique oder der Geschäftsbesuch gebannt auf den Fleck, ist Humor gefragt. Und je nach Situation und Umfang der Verunreinigung kann diese zwischen den Gängen im Waschraum beseitigt werden.

Ein Missgeschick bei anderen, das leicht zu beheben ist, darf dezent angesprochen werden, alle anderen Kleckereien „sehen“ wir einfach nicht. Wer andere unabsichtlich bekleckst, bietet die Übernahme der Reinigungskosten an.

Da ist was Grünes an den Zähnen!

Lassen wir niemanden den ganzen Abend mit Kresse im Zahn-Zwischenraum lachen, denn auch wir selbst erwarten von unserem Gegenüber einen dezenten Hinweis auf die unfreiwillige „Deko“. Die Vorstellung, erst am Abend im Spiegel etwas hartnäckig Grünes bei sich selbst zu entdecken und zu rekapitulieren, wie vielen Menschen wir am Tag beregneten, ist fies!   


Hoffentlich erfährt mein Salat nicht, dass ich während des Essens an Kuchen denke (unbekannt). Susanne Helbach-Grosser, August 2023