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„á votre santé“ … und plötzlich soll ich etwas sagen!

Manchmal kommt die Aufforderung recht überraschend: „Bitte halten Sie doch zum heutigen Anlass einen Trinkspruch, einen Toast.“ Eigentlich schnell gemacht. Keine große Vorrede. Den Gastgebenden danken, jemanden hochleben lassen, eine Kollegin verabschieden …

Manche Mitmenschen finden stets die richtigen Worte. Ihre kleine Rede klingt spontan, eloquent, nicht bemüht. Andere ringen mit Hitzewellen und weichen Knieen, wenn sie gebeten werden, doch ein paar Sätze zu sagen.
Gelegenheiten für Tischreden gibt es reichlich. Immer dann, wenn sich Menschen aus einem Anlass zum Essen treffen. Das wurde (wahrscheinlich) schon vor Urzeiten praktiziert. Ob große Familienfeste, unter Freunden, in der Politik oder im Innenverhältnis und den Außenbeziehungen eines Unternehmens, immer geht es bei einer Ansprache um Dank, Lob und Würdigung.

Welche Aufgabe soll die Tischrede für Gastgebende und für Gäste erfüllen?

Diese Frage sollte immer im Fokus stehen. Zum Beispiel: Dank für das Kommen der Anwesenden, bekannt machen der Gäste, das Motto/den Anlass der Zusammenkunft und die Vorfreude auf gute Gespräche und einen interessanten Austausch mit allen. Es ist sinnvoll, die ersten und die letzten drei Sätze auswendig zu lernen.

„Um eine gut improvisierte Rede halten zu können, braucht man mindestens drei Wochen.“
Mark Twain

Natürlich sind auch die Gäste gefordert, indem sie – oder nur einige von ihnen – in einer kleinen Erwiderung einen Dank für die Einladung aussprechen, nochmals den Grund des Besuches aufgreifen und darlegen, warum es für sie persönlich wichtig ist, an diesem gemeinsamen Mahl teilzunehmen.

Ob nun eine rein humorvolle Tischrede gehalten wird oder eher die sachliche Variante ist dem Anlass geschuldet: persönlich, menschlich und mit Herz versehen sollte sie immer sein.

Wie ein reibungsloser Ablauf gelingt.

Einige Formalitäten sind zu beachten. Tischreden sollten unbedingt mit den Hauptbeteiligten abgesprochen werden. Gastleute geben die Zeiten der Redebeiträge (auch die der Gastredner*innen) an den Service weiter, denn während einer Tischrede wird der Service eingestellt. Grundsätzlich werden Reden zwischen Hauptgang (selten davor) und Dessert gehalten. Sobald die Servicekräfte die Teller des jeweiligen Gangs ausgehoben und die Gläser wieder gefüllt haben, ist ein guter Zeitpunkt dafür.

Die einfachste Gliederung einer Ansprache:

  • Vergangenheit
  • Entwicklung / aktuelle Situation / Komplexität
  • Zukunft

Diese Begriffe können Sie in beliebiger Reihenfolge verwenden:

  • Freuen
  • Begrüßen
  • Hoffen
  • Wünschen
  • Danken
  • Glauben
  • Bitten

Für den Einstieg gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Einstieg mit Bemerkung zum Tagesdatum
  • Einstieg mit Zitat
  • Einstieg durch Aufgreifen eines Gesprächs am Tisch.

Eine Tischrede sollte keine „Grundsatzerklärung“ sein und nie länger als 3 bis 5 Minuten dauern, denn die Aufmerksamkeitsspanne eines Menschen liegt bei acht Sekunden. Danach schweifen die Gedanken ab. Echte Geschichten stimulieren.
Die Reihenfolge der Rede-Beiträge ist international unterschiedlich. In Deutschland ist sie zum Beispiel in der Rangfolge absteigend (Ranghöchste zuerst), in Frankreich aufsteigend.

Alle, die schon einmal selbst erlebt haben, wie störend es ist, wenn die Zuhörenden nebenbei essen, geräuschvoll trinken, reden, aufs Smartphone schauen oder sogar den Raum verlassen, wird dies selbst als Gast niemals tun.

Um sich Gehör zu verschaffen, müssen Redner*innen nicht mit einem Besteckteil an ein Glas klopfen. Sich erheben und warten bis es ruhig wird, langt meistens. Nur Ungeübte halten sich jetzt an ihrem Glas fest und „verschanzen“ sich hinter ihrem Stuhl. Erst zum Toast am Ende der Ansprache wird mit dem Glas in der Hand allen zugeprostet.

Heiterkeit lösen oft etwas unbedachte (weil oft gehörte) Formulierungen aus, wie zum Beispiel: „Ich danke für Ihr zahlreiches Erscheinen“ (kann eine Person zahlreich erscheinen?). Bei halbwegs offiziellen Anlässen sollte „Auf einen schönen Abend“ oder „Auf uns“, „Auf einen guten Geschäftsabschluss“ getrunken werden. „Prösterchen“, „Stößchen“, „Nicht viel schnacken, Kopf in’en Nacken!“ … heben wir uns für den Kreis auf, der bei solchen Floskeln nicht peinlich berührt ist.

Wahre Schatztruhen sind www.zitate.de; www.aphorismen.de; www.vrds.de (Verband der Redenschreiber) Susanne Helbach-Grosser, März, 2023