Die deutsche Sprache wird geflutet von unverständlichen Anglizismen, eine Folge der Globalisierung, die manchmal einfach nur peinlich wirkt. Dabei ist sie so ausdrucksstark, so vielfältig, so exakt beschreibend.
„Live unbuttoned“ wirbt Levi’s für seine Jeans. Ungezwungenes Lebensgefühl will suggeriert werden. Sei frei, salopp, leger! Endmark.de – Experten für Benennungsmarketing – fanden in einer Studie heraus, dass gerade mal 15 Prozent der Befragten den Slogan sinngemäß übersetzen konnten, die anderen fühlten sich durch ihn zu einem „Leben ohne Knöpfe”, „Leben am Knopf” oder „unbekleideten Leben” aufgerufen!
36,39 Prozent der Deutschen haben nach eigenen Angaben geringe bis gar keine Englisch-Kenntnisse (2019). Sie stehen neuerungssüchtigen Zeitgenossen ziemlich hilflos gegenüber, verwenden die doch für ganz normale Dinge englische Ausdrücke, und schon ist das Alltägliche geadelt mit der Aura des Noch-nie-da-gewesenen. Sicher sind englische Begriffe wie Computer, Laptop und Smalltalk nicht mehr wegzudenken. Vor allem in der New Economy hat sich der Mix aus Deutsch und Englisch breit gemacht. Sie erinnern sich vielleicht an die Kodak-Werbung: Share moments, share life kapierten 24 Prozent – der Rest verstand: Scharfe Momente, scharfes Leben!
Also a blind chicken finds a corn.
Mitunter wird auch eine unzureichende Kenntnis der englischen Sprache für die Vermischung und den Ersatz bestehender Wörter durch Scheinanglizismen verantwortlich gemacht. Das beste Englisch wird in Hamburg gesprochen, das mieseste in Sachsen-Anhalt (WirtschaftsWoche 2016)
Heute schon Ihr Lunchdate vereinbart, den Scale Ihrer nächsten Challenge mit der Chefin besprochen, die nötigen Conversions erreicht + genügend Leads generiert? Spricht man mit jemandem aus der IT, haut man ein „Buzzword“ nach dem anderen raus, sagen manchen, hingegen sind bei einer Unterhaltung mit Menschen aus anderen Berufen, Anglizismen vollkommen unnötig. Taktvoll, wer das erkennt.
Man sollte seine Sprache den jeweiligen Umständen anpassen. Es ist ein Gebot der Höflichkeit und des Respekts, verstanden zu werden, alles andere ist meistens peinlich. Professor Walter Krämer, Uni Dortmund: „Die Vermischung von Sprachen ist ein klares Indiz für Stümper. Wer Sprachen beherrscht, trennt sie.“
Tatsächlich gibt es Wörter, die aus dem deutschen Gebrauch nicht mehr wegzudenken sind. Wer kann schon „Influencer“ übersetzen? Beeinflusser. Aha. Oder „Brainstorm“ für Gehirnsturm/Geistesblitz = „using the brain to storm a problem.
Oh, das ist nun wirklich too much! Aber lustig.
Spaßige Pseudoanglizismen, wenn man sie denn erkennt: „Shakehands“ anstatt „handshake“, „Trainer“ anstatt „coach“ oder „manager“, „Spleen“ anstatt „tic“. Diese haben wir uns auch ausgedacht: „Telefonjoker“, „Rockergang“, „Smoking“, „Basecap“, „Homestory“. Wir begrüßen Gäste aus dem Ausland mit „You are hardly welcome“ statt: „You are heartily welcome“, begeben uns ungewollt aus der „pole position“ in die „pool position“ + zum Schluss verwüsten wir die Nachspeise = „dessert“ zu „desert“.
Robert Compton lebt seit 2009 in Berlin, er arbeitet als Übersetzer/Korrekturleser und klärt auf:
- „public viewing“ = die Ausstellung eines aufgebahrten Leichnams
- “beamer” für die PowerPoint presentation = projector
- “wellness” weekend = spa weekend
- “drive-in” restaurant = drive-through restaurant
- “smoking” = das Rauchen; der Smoking = tux, tuxedo or dinner jacket
- Kate Moss nahm nicht an einem “shooting” (Schießerei) teil = sondern an einem photo shoot
- “evergreens” (immergrüne Pflanze) spielen = golden oldies
- “oldtimer” (alter Hase) mieten für besonderen Anlass = classic, vintage or heritage car for a drive.
Briten + Amerikaner können auch falsch übersetzen: Sie ordern ein “Stein” (Maßkrug) of beer beim Oktoberfest, a glass of “Hock” = Glas Wein von Hochheim am Main.
Eingedeutschte Verben gibt es viele, sie zu beugen ist ganz schön tricky, zumal es im Deutschen keine Verben gibt, die auf „-d“ oder „-ed“ enden! Darum ist „geliked“ falsch = gelikt richtig.
Korrekt ist ferner:
„gegoogelt“, „gemailt“, „downgeloadet“, „upgegradet“ + „upgedatet“. Eingedeutschte englische Verben folgen eigentlich der deutschen Rechtschreibung, sie treten allerdings in allen möglichen Mischformen aus englischer und deutscher (eigentlich falscher) Beugung auf: GmbHs (nicht GmbH’s), Handys (nicht Handy’s) – Handy heißt im Englischen handsome wie handlich, griffbereit, geschickt, CDs (nicht CD’s)
„Die Sprache von Martin Luther, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Rainer Maria Rilke, Thomas Mann, Hermann Hesse oder Immanuel Kant, stellt ein unschätzbares kulturelles Welterbgut dar. Sie ist viel zu schön, um vernachlässigt zu werden.“ (Unbekannt)
End good, all good. Susanne Helbach-Grosser (2017/2019)