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Mit B. auf der Publikums-Messe

Ein Messebesuch gemeinsam mit B. hat was. Der Mann ist organisiert: Frühbucher-Rabatt von über 30% eingestrichen, die Messe-Navi-App mit allen pfiffigen Tools wie Bus-Tracking runtergeladen und vor allem, bei interessanten Ausstellern Termine gemacht.

Noch ein Espresso zu Beginn, Wasserflasche parat. „Auf geht’s! Lass uns was erleben. Ich hab‘ mich schlau gemacht. Wir werden Spezialisten und Gleichgesinnte auf spannenden Events treffen.“

Professionalität bis ins Detail

Eine (Publikums-)Messe oder Ausstellung soll heute Visionen vermitteln. Ordermesse als reines Absatzinstrument war gestern. Event Experience Design oder Meeting Design heißt das nun. „Für Nur-Infos geht doch kein Mensch mehr auf eine Messe, das Erlebnis muss halt stimmen“ meint B. Interaktionen, die sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe ausrichten sind die Disziplinen. Um jemanden emotional abzuholen, sollten kleine überraschende (positive) Erlebnisse schon vor der Veranstaltung beginnen – und danach auch noch. Denn nur so wird eine gute Kundenbindung erreicht.

1.) Auf klare Kommunikation im Vorfeld achten. Tragen alle Kommunikationsmittel das gleiche Branding? Auf einander abgestimmt werden Web, E-Mail, Print, Blog, Social Media, persönliche Kontakte, Telefon etc. Widersprechen sich die Messages nicht?

2.) Viele Messegäste assoziieren einen Besuch immer noch mit stressigen Zuständen und Gedränge in den Hallen. Und neben der Digitalisierung nimmt auch die Erwartung nach persönlicher Begegnung zu. Eine Messe bietet das zwar, die Herausforderung für die Veranstalter ist jedoch enorm.

3.) Eine emotionale Botschaft kommt immer an. Da passiert etwas. Preisausschreiben gelten heute schon als Adressen-Wegelagerei, sind aber sicher nicht auszurotten. Viel besser ist es zum Beispiel, ein witziges halbes (!) Präsent am Messeeingang zu verteilen – die andere Hälfte gibt’s am Stand. (Die Promotionsteams + Aktionen anmelden!)

B. entdeckt etwas. Er zieht mich zu einem Stand, der technisch betrachtet, wirklich was hermacht. Aber oh Schreck! Die Crew dort hat das Erdmännchen-Prinzip verinnerlicht: Kunde naht, ein „Pfiff“ und – alle weg … „Mir will nicht in den Kopf, dass Standmannschaften oft nicht von den Haar- bis in die Zehenspitzen gut gelaunt und motiviert daherkommen! Wer unfähig zur Begeisterung ist, sollte wegbleiben, dann kann er (oder sie) wenigstens nicht zum Erfolgs-Verhinderer werden.“

Eine Marke und ein Firmen-Image werden nicht nur durch Produkte und Marketingkommunikation aufgebaut, sondern auch durch das Verhalten der Mitarbeiter. Sie sind Botschafter des Unternehmens – 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Im positiven, wie auch im negativen Sinne.

Alle Mitarbeiter (m/w/d) sollten sich ihrer Gastgeberrolle bewusst sein. Das heißt, sobald sich ein Interessent dem Stand nähert, sind Blickkontakt und Lächeln Standard.

Der erste Eindruck zählt auch am Messestand

Innerhalb von 150 Millisekunden wissen wir, ob wir unser Gegenüber sympathisch oder unsympathisch finden. Schaffen wir es im Auge des Betrachters sympathisch zu wirken, dann wird uns auch Kompetenz zugeschrieben und ein weiterer guter Gesprächsverlauf ist gesichert.

Zu den nonverbalen Zeichen zählen die Körpersignale. Wie kommt jemand bei den Besuchern wohl an, der in militärischer Grundstellung im Stand steht, als wolle er einen Hochsicherheitstrakt bewachen? Oder noch schlimmer, mit beiden Händen in den Hosentaschen. Da möchte jemand überhaupt nicht agieren. Niemals sollen Firmenmitarbeiter „lässig“ am Frontdesk lehnen, sondern aufrecht stehen, ihren Körper den passierenden Besuchern zugewandt. Keine Rudelbildung! Schwätzchen werden nach Messeschluss gehalten, das Aussehen vorbeigehender Messegäste wird nicht lautstark kommentiert. Alkohol ist tabu.

Natürlich ist es nicht ganz einfach, den ganzen Tag, womöglich mehrere Tage die Motivation hoch zu halten. Der Gesichtsausdruck verrät unweigerlich das Befinden. Darum ist Ablösung/Rotation das Zauberwort. Wer selbst erkennt (oder von Kollegen darauf angesprochen wird), dass die Ausstrahlung nicht mehr ausreichend ist, sollte Pause machen. Für eine Weile frische Luft schnappen, Wasser trinken, Beine hochlegen wäre dann ideal. Vorher Terminkalender einsehen! Und abmelden.

Sex sells?

„Oh je, wie passt das denn jetzt? B., schau mal. Aber du als Mann findest dieses freizügige Outfit der weiblichen Crewmitglieder bestimmt reizvoll!?“ „Nö, nur unpassend und an der Grenze zu peinlich. Ich stehe nicht auf Fleischbeschau. Aber viele meiner Geschlechtsgenossen zieht das immer noch magisch an. Irgendwie 90er Jahre.“

Für Kleidung und Stil gibt es heutzutage große Freiräume. Innerhalb bestimmter Berufsgruppen sind jedoch nach wie vor klare Dresscodes gültig, die es zu respektieren gilt. Die Frage sollte weit vor dem Messeeinsatz im Unternehmen gestellt werden: Was soll das Team ausdrücken: Kompetenz, Seriosität, Kreativität …? Einheitliche Kleidung ist immer ein Hingucker und vermittelt dem Kunden eine stimmige Außenwirkung und schafft zudem Vertrauen.

Eine tipptopp gepflegte Erscheinung ist selbstverständlich. Sie zeigt die Wertschätzung gegenüber dem Gesprächspartner und unterstützt die Corporate Identity des Unternehmens. Letztendlich bleibt sie unbewusst beim Besucher haften. Falls die Agenda eine festliche Abendveranstaltung vorsieht, sollte die weibliche Garderobe mit entsprechenden Accessoires aufgewertet werden können, falls nach der Messe keine Zeit mehr zum Umziehen bleibt. (will heißen, dass Frau Entsprechendes dabei hat … kann das anders ausgedrückt werden?)

Zum Messeoutfit gehören – aus zwei Meter Entfernung – lesbare Namensschilder, die gut sichtbar an der Kleidung (oben links) angebracht werden. Sie sollten den Firmennamen, Vor- und Zunamen und gegebenenfalls Titel und Funktion enthalten.

Messehallen und Kongresssäle sind oft schlecht klimatisiert (zu warm, zu kalt, stickig, zugig). Kleidung im Zwiebelverfahren ist deshalb sinnvoll, so kann auf klimatische Schwankungen reagiert werden. Niemals brandneue Schuhe tragen und ein zweites Paar zum Wechseln mitnehmen! Auf frischen Atem achten, Kaugummi ist jedoch verpönt. Genauso wie Duftschwaden – sie locken bestimmt keine Besucher an. Faustregel: wer den eigenen Duft nicht an sich wahrnimmt, ist angemessen parfümiert.

Smartphones werden nur außerhalb des Stands benutzt, falls nicht anders verabredet. Es gibt bestimmt ein nicht einsehbares Plätzchen am Stand, an dem auch mal herzhaft in ein belegtes Brötchen gebissen werden kann. Stilvoll ist es allemal, nicht direkt aus der Flasche zu trinken.

Die besten für die Messetage!

B. schwärmt: „Als ich vor einiger Zeit auf der Ligna (XYZ) einen Lieferanten besuchte, passte alles – das eigene Personal auf dem Stand war fachlich total auf Zack, freundlich, aufmerksam, bot gleich Sitzplatz und Erfrischung an, eine reine Freude! Niemand stand in der Ecke und bohrte in der Nase.

Das Unternehmen hatte nicht nur die Motiviertesten ausgesucht, sondern auch viel Zeit in die Mitarbeiterschulungen investiert, das merkte man. Als Kunde hatte ich keine Sekunde das Gefühl, ein Störfaktor zu sein.“

Und bestimmt haute auch niemand den Satz der Sätze raus: „Kann ich Ihnen helfen?“ („Nein, mir ist nicht zu helfen“, „Wobei möchten Sie mir helfen?“ „Sehe ich so hilfsbedürftig aus?“).

Alles in allem verbrachten B. und ich einen großartigen Tag auf der Messe. Beeindruckende Rahmenprogramme mit viel Besucheranimation machten uns Spaß – von Live-Gesprächsrunden über kulturelle Einlagen und Show-Blocks bis hin zu Computer-Spielen.

„Wessen wir am meisten im Leben bedürfen, ist jemand, der uns dazu bringt, das zu tun, wozu wir fähig sind.“ Ralph Waldo Emerson. Susanne Helbach-Grosser (März 2018)