Jetzt ist es wieder da – das Bacardi-Sprite/Aperol-Spritz-feeling in vielen Betrieben ab 25 Grad im Schatten. Auch in diesem Jahr. Richtig aufmerksam darauf machen mich regelmäßig ab Anfang Juni Anfragen von Journalistinnen und Journalisten:
- „Welche Businesssünden sind im Sommer zu beobachten?“
- „Gelten die Kleidungsregeln für Frauen und Männer im Büro auch bei so heißen Temperaturen wie heute?“
- „Muss SIE wirklich Nylonstrümpfe tragen?“
- „Darf ER jetzt kurzärmelig kommen? Auch in kurzen Hosen?“
- „Wie kurz sollte der Rock sein?“
- „Sind offene Schuhe erlaubt – auch für IHN?“
- „Darf ich im Büro die Schuhe ausziehen?“
- „Wann sind nackte Arme okay?“
Dass es jetzt wirklich Sommer ist, erkennt man auch an etwas anderem: Plötzlich ahnt man das wahre Alter der Kollegin D. – ihr raffinierter Wasserfallausschnitt macht’s möglich. Man erfährt, dass der neue Kollege als Jugendlicher diesen schlimmen Unfall mit der Heugabel hatte, dass H. das Problem mit seinem eingewachsenen Zehenrollnagel noch immer nicht löste und die Assistentin von Abteilungsleiter B. das Enthaaren ihrer Beine wohl in vollkommener Dunkelheit durchführt.
Sommerzeit ist Schwitzzeit.
Die Verlockung ist groß, sich über die Kundenerwartung und den Stil des Hauses (auch einmal) hinweg zu setzen. Mit Respekt vor dem Gesprächspartner hat das allerdings nichts zu tun. Ist es nicht auch eine schreiende Ungerechtigkeit, dass Männer im Beruf weniger Möglichkeiten haben, sich bei Hitze entsprechend luftiger zu kleiden als Frauen? Nein, nicht wirklich, finde ich.
Hemd mit kurzem Ärmel oder Hitzschlag?
Auch Männer können sich für den Sommer leichte Stoffe aus reiner Schurwolle zulegen – cool wool und dünnere Hemden. Locker gewebte Stoffe und Krawatten ohne viel Innenleben sorgen bei Hitze für Kühle – im Übrigen ist der einengende Übeltäter am Hals immer die falsche Kragenweite. Hemd über der Hose ist kein Business-Stil. Zur Grillparty passt es dann, in schicker einheitlicher Länge genäht. Wirklich nicht vorstellbar, dass Dax-Vorstände neue Kennzahlen in Kurzarmhemden und Sandalen präsentieren. Der lässige Mann krempelt lieber mal seine Ärmel auf anstatt wie ein „Uniformierter“ zu wirken. Finger weg von Leinen im Business – für beide Geschlechter: Darin wirken alle wie nach der Übernachtung unter einer Seine-Brücke! Außer es ist gewollt.
In vielen Unternehmen ist die sommerliche Siebenachtellänge als Businesshose für Frauen akzeptiert. Hierzu und zur dünnen langen Hose (nicht durchsichtig) geht auch ein topgepflegtes nacktes Bein in einem geschlossenen Schuh, Ballerina, Slingpumps oder Mokassins. Der Anblick nackter Zehen wirkt nicht nur in den USA als zu sexy. Hauchzarte Strumpfhosen zum Rock sind für den offiziellen Geschäftstermin die richtige Wahl. Für IHN kann es auch schon mal ein Mix aus Desert Boot und Bootsschuh sein, auch Stoffschuhe mit stärkerer Sohle sind bei jüngeren Männern angesagt.
Hitzefrei für meine Füße!
Eine Schale mit Eiswasser – ah, welche Wohltat für die Füße! Manch eine/r setzt (im Backoffice?) diesen Traum in die Tat um. Aber was ist, wenn der Chef um die Ecke kommt? Vorteilhaft bei geschwollenen Füßen sind Schuhe in einer Nummer größer als gewohnt.
Weniger Haut, mehr hot
Ein klassisches Kleid ohne Ärmel mit breiten Trägern wird bei schönen Oberarmen bestimmt einen guten Eindruck machen. Im Kundenkontakt ist SIE mit einer leichten Jacke darüber auf der sicheren Seite. Je weniger Haut SIE zeigt, desto mehr Autorität besitzt SIE.
Genießen Sie uneingeschränkt Ihr Bacardi-Feeling an allen anstehenden warmen Feier-Abenden. Susanne Helbach-Grosser (2016)