Leider sind die eleganten Hutträger ausgestorben. Selbst in der Londoner City sieht man den Bowler nur noch selten. Der weiche, schwarze Homburg mit dem hochgebogenen Rand würde zu allem passen, macht sich jedoch genau so rar. Dafür prägen Basecaps, Mützen und alle Arten von Käppis das Straßenbild.
Für Jugendliche ist diese Kopfbedeckung in erster Linie ein modisches Accessoire, das zum Outfit gehört. Und leider herrscht die Ansicht vor, die männliche Kopfbedeckung dürfe deshalb in geschlossenen Räumen ruhig aufbehalten werden. Dem ist nicht so. Schon so mancher Bewerber wurde abgelehnt, weil er mit einer Kopfbedeckung zum Vorstellungsgespräch erschien. Käppis gelten als „unisex“ und sind auch für junge Damen in dieser Situation tabu.
Wann sollten Mützen und Hüte abgenommen werden?
Männer nehmen ihre Kopfbedeckung ab, sobald sie Räume betreten, auch christliche Kirchen. Ausgenommen sind z. B. Kaufhäuser und Synagogen/jüdische Friedhöfe – hier gehört auch für Nichtjuden eine Kippa, ein Hut oder eine Mütze aufs Haupt. Aus Respekt. Ausgenommen sind hier Kopfbedeckungen aus dem sportlichen Bereich. Borgen kann man sich am Eingangsbereich der Synagogen übrigens Entsprechendes.
Beim Grüßen auf der Straße lüpft der Herr im Vorbeigehen seinen Hut leicht. Nur an die Krempe tippen, langt nicht. Weiche Tweedhüte und Mützen sind davon ausgenommen. Lässt ER sich auf ein Gespräch ein, nimmt er den Hut ganz vom Kopf. Und zwar mit der linken Hand – mit der rechten wird begrüßt – und so, dass der Hut den Augenkontakt nicht unterbricht. Die offene Seite des Hutes zeigt zum eigenen Körper hin, so kann das Gegenüber den eventuellen Speckrand im Inneren des Hutes nicht sehen!
Den historischen Hintergrund zum Hutziehen finden wir im Mittelalter. Der Ritter setzte seinen Helm ab und zeigte damit, dass er im Frieden kam. Er demonstrierte so auch seine Schutzlosigkeit. Jugendlich sollte man darauf aufmerksam machen, dass es gegenüber älteren Menschen respektvoll ist, die Kappe zur Begrüßung abzunehmen. Auch heute symbolisiert das Ziehen des Hutes noch, dass man einander wohl gesonnen ist. In der Kneipe oder beim familiären Gartenfest stört sicher niemanden ein fesches Käppi.
Frauen waren keine Ritter und durften ihre Kopfbedeckungen innerhalb geschlossener Räume aufbehalten. Der Damenhut war einst Bestandteil der Kleidung. Er wurde kunstvoll drapiert und gut festgesteckt. Heute muss unterschieden werden: bei Hochzeiten, Beerdigungen, Pferderennen und offiziellen Gartenpartys kann (muss manchmal) ein Hut getragen werden.
Wenn der Hut zum Kleid gehört, kann er bei vielen Gelegenheiten – z. B. im Café – aufbehalten werden. Im Restaurant wird immer mehr darauf verzichtet. Hüte, die „wärmen“, also zum Mantel/zur Jacke gehören, sollten abgenommen werden (z. B. ein Stetson).
Siehe auch „Letzter Aufruf für Herrn Reinhard S.!“ Susanne Helbach-Grosser (2013)