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Einpacken und mitnehmen? Kannte Knigge Doggy-bags?

Der/das (amerk.) Doggy-bag (Tasche für das Hündchen) ist eine Tüte mit eingepackten Essensresten für die aufbrechenden Gäste nach einem Restaurantbesuch. Für ihren Hund. Der Umstand, ob überhaupt ein Hund zum Haushalt der Gäste gehört ist dabei vollkommen nebensächlich.
Immer mehr Restaurants, die sehr reichhaltige Essens-Portionen servieren, trennen sich auch gerne von den Resten. Oft aus gutem Grund. Küchen- und Speisereste müssen vom Restaurant sachgemäß entsorgt werden. Das kostet. Und was weg ist, ist weg. Bezahlt hat es der Gast ja auch. Seit Oktober 2006 dürfen laut EU-Hygieneverordnung in Deutschland und Österreich unverzehrte Fleisch- und Fischreste nicht mehr als Futtermittel für die Schweinemast verwendet werden (Schweinepest-Richtlinie).
Vor allem in griechischen, kroatischen und chinesischen Restaurants (etwas weniger üblich in Italienischen) muss der Gast nicht einmal um sein Mitnahmepäckchen bitten. Es wird vom Gastronomen auch kein Extra-Salär für das Einpackmaterial gefordert.

In China soll es ja jetzt Restaurants geben, in denen der Gast aufessen MUSS. Da geht nichts zurück in die Küche! Aktuell 2019: auch in D. beginnen Patrone in der Gastronomie lieber Essen nachzulegen als wegzuwerfen.

„Take away or not take away?“ lautet aber auch die Frage der Etikette.
Das Essen ist köstlich. Doch niemals werde ich diese Portion komplett vertilgen können! Doch reinzwängen? Mitnehmen? Sieht man ja manchmal in der gutbürgerlichen Gastronomie am Sonntag, wenn Grandma die mitgeführte Tupperschale aus der Handtasche holt und selbst heimlich Hand anlegt! Verwertbare Lebensmittel sollten doch nicht einfach vernichtet werden. Und was denken eigentlich die Leute am Nachbartisch, wenn ich den Kellner um ein Doggy-bag bitte? Eine klare Etikette-Empfehlung zu diesem Thema gibt es jedenfalls nicht.
Der Gastronom sieht diesen Mitnahmeakt eher als Kompliment. Denn wenn der Gast an dem Essen etwas zu mäkeln hätte, würde er sich mit Sicherheit nicht den Rest mitnehmen und ihn morgen noch mal genießen wollen. Bello sollte nicht als geschwindelte Begründung herhalten. Das nette Küchenpersonal packt dann gerne – eventuell auch in eine Tüte etwas lieblos – noch ein paar Knochen obendrauf!
Nach Familienfeiern in ländlichen Gegenden ist es üblich, den Gastgebenden restliches Essen mitzugeben. Manchmal auch den Gästen, aber als eingeladener Gast bedient man sich unaufgefordert niemals selbst.
Dass man sich bei einem Geschäftsessen keine Reste mitgeben lässt, muss nicht erwähnt werden.
Ein äußerst unfeiner Anblick ist das Heraustragen von Essenspäckchen durch die Gäste in der Edelgastronomie. Nun werden Sie sagen, dass hier auch gar nicht die Gefahr besteht, weil ein mehrgängiges Menü dort auch von den Portionen her, gut zu schaffen ist. Recht haben Sie.
Aber: „O tempora, o mores“ (lat. „O Zeiten, o Sitten!“)! Zum Selbsttest traute ich mich unlängst in Hamburg. Das restliche Fischfilet sollte mit. Es wurde mir verweigert mit dem Hinweis, man wisse ja nicht, wie (un-) sachgemäß ich es aufbewahre und am Ende hätte das Sternerestaurant eine Klage wegen Fischvergiftung am Hals. Susanne Helbach-Grosser (2010)